Betr.: Abfertigung und Wahrnehmung fremder Besatzungen und Maschinen auf den deutschen Heimathorsten.
An den
Jagdfliegerführer 2
G e f e c h t s s t a n d
Bei den Dienstflügen ins Reichsgebiet wurden auf
den Heimathorsten Zustände angetroffen, die hiermit, ohne bestimmte Horste zu
nennen, generell zur Kenntnis der höheren Dienststellen gebracht werden
sollten. Eine Abstellung erscheint im Sinne der militärischen Disziplin und
Manneszucht in der Heimat dringend erforderlich.
Es wurden folgende Beobachtungen gemacht:
- Durchweg wird jede Landung eines fremden Flugzeuges zum Zwecke der Betankung ruhestörend und
lästig empfunden.
- Das Starthilfepersonal und insbesondere das Tankpersonal ist in Faulheit und
unmilitärischem Auftreten nur noch von dem Flugleitpersonal zu überbieten.
- Öl wird grundsätzlich nicht an der Tankstelle, sondern in der entferntesten Halle bereitgehalten.
Nach 17.00 Uhr ist die Halle geschlossen.
- Das Personal der Flugleitung macht den Eindruck einer Hilfspolizei. Ehrenbezeugungen oder sonstiges
militärisches Benehmen ist fast ganz außer Kurs geraten.
Im übrigen wird auch hier so langsam wie nur möglich und fast ausschließlich mit der Zigarette im Mund
gearbeitet.
- Die Wetterdienststellen sind fast ausschließlich mit Beamten a.Kr. besetzt, die von
zahlreichen Mädchen unterstützt werden. Hier gewinnt man den Eindruck, daß man in ein KdF-Reisebüro
geraten ist.
In Bezug auf das Streckenwetter ist fast ausschließlich Pessimismus zu
erwarten und der sogenannte Meteorologe vom Dienst ist grundsätzlich dagegen.
Er erkundigt sich umständlich nochmal bei der Wetterleitstelle, um dann abzuraten.
Inzwischen bitten Damen um Autogramme, die nicht beteiligten Hilfsmeteorologen knittern
mit Stullenpapier.
- Die Kontrolle der Flugbefehle liegt auf manchen Horsten in den Händen des zivilen Tankpersonals.
"Ihren Flugbefehl muß ich sehen, sonst kriegen Sie kein Benzin."
- Wenn die Landung nach 17.00 Uhr erfolgt, gewinnt man den Eindruck, daß der
Fliegerhorst seit Tagen geräumt ist. Die Möglichkeit
einer Sabotage bietet sich förmlich an, wenn man vollkommen
vereinsamt an der Tankstelle oder an den Hallen der Dinge harrt.
Unter diesen Umständen stehen alle
Frontflugzeugführer mit einer gewissen Abneigung vor Flügen ins Reichsgebiet.
Es sind nicht die Schwierigkeiten, die durch Personalmangel so abstoßend
wirken, sondern es ist die Einstellung und das Auftreten der Soldaten und der
Dienststellen.
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G a l l a n d Oberstleutnant und Geschwaderkommodore |
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